Geschichte

Das Kreusslersche Stoßfechten wurde von Wilhelm Kreussler (*1597, +1673) begründet. Vom ersten priviligierten Fechtmeister der Stadt Jena heißt es, er habe viele Reisen unternommen, unter anderem nach Italien, um sich dort fortzubilden. Tatsächlich weist die Kreußlersche Methode Ähnlichkeiten mit dem Rapierfechten nach Fabris auf.

Obgleich Wilhelm Kreussler eine ganze Dynastie von Fechtmeistern nachfolgte, gibt es keine schriftlichen Quellen, die direkt von einem Kreussler verfasst worden wären. Das älteste relevante Werk stammt von Kreussler-Schüler Anthon Friedrich Kahn und trägt den Namen "Anfangsgründe der Fechtkunst" (1761 erschienen). Alle späteren Werke über Stoßfechten nach deutscher Schule lassen sich darauf zurückführen und enthalten zum großen Teil dieselben Aktionen, wodurch sich ein sehr deutliches und homogenes Bild dieser Fechtschule ergibt.

Hauptquellen

August Fehn, Die Fechtkunst mit Stoß- und Hiebwaffen, 1851

Friedrich August Wilhelm Ludwig Roux, Die Kreußler´sche Stoßfechtschule, 1857

 

Warum diese Quellen?

 

August Fehn nennt als Grundlage fur jedwede fechterische Entwicklung das Stoßfechten an erster Stelle. Seine Stoßschule ist jedoch eine vereinfachte, um den schwereren militärischen Waffen, auf welche er sein Hauptaugenmerk richtet, Rechnung zu tragen. Um dem Schüler einen tieferen Einblick ins reine Stoßfechten zu erlauben, erweitern wir Fehns Grundlagen um F. A. W. L. Roux´ Werk, welches eine "modernisierte" Version von Kahns Standardwerk zum Thema darstellt.

Die Waffe

Die Ernstwaffe fürs Stoßfechten des späten 18. und gesamten 19. Jahrhunderts ist der Stichdegen, auch Hof-, oder Galadegen, im Englischen Smallsword genannt. Er entwickelt sich schrittweise aus dem Rapier als leichte, schnelle Waffe für Duell und zivile Selbstverteidigung und gehört zur Alltagskleidung, später auch teilweise in etwas robusterer Ausführung zur militärischen Uniform insbesondere der Offiziere.

Eine besondere Art von Stichdegen ist das sogenannte Tellerrappier, auch Pariser genannt. Diese Waffe wurde von Studenten für Duelle verwendet und oft erst vor Ort zusammengeschraubt. Sie zeichnet sich durch ein großes, rundes und flaches Stichblatt aus.

Die traditionelle Übungswaffe des deutschen Stoßfechtens ist das Stoßrappier. Sie ähnelt einem italienischen Florett, hat aber ein etwas größeres Stichblatt und weniger Abstand zwischen demselben und der Parierstange.

Ziviler Degen (links) und militärischer Degen (rechts)
Ziviler Degen (links) und militärischer Degen (rechts)
Originale Stoßrappiere des 19. Jahrhunderts
Originale Stoßrappiere des 19. Jahrhunderts

Die Technik

Im direkten Vergleich zur damals ebenfalls in Deutschland weit verbreiteten französischen Schule zeichnet sich das Kreusslersche System durch Direktheit und Pragmatismus aus. Charakteristische Elemente sind der eingebogene Unterleib, die relativ weit vorgestreckte Waffe sowie die für den Notfall einsatzbereit gehaltene linke Hand. Kontrolle über die gegnerische Klinge und a-Tempo Aktionen spielen ebenfalls eine sehr große Rolle.

Im Stoßfechten erlernt der Schüler die Grundlagen der Fechtkunst, wie etwa Körperhaltung, Beinarbeit und Klingenkontrolle. Da das Stoßrappier die leichteste Übungswaffe darstellt, sind die Anforderungen an die Kraft, insbesondere der Finger und des Handgelenkes am geringsten, und der Schüler kann sich auf die Feinheiten der Technik konzentrieren.

Auslage mit dem Stoßrappier
Auslage mit dem Stoßrappier